Wieder ist so eine Zeit, in der ich fassungslos auf das Weltgeschehen blicke und mich frage, ob das alles wirklich passiert. Als das schon einmal geschah, konnte ich auf eine Lesung der #Saarphantasten zurückblicken und ein wenig Hoffnung daraus schöpfen, dass wir unseren Zuhörenden vielleicht etwas Mut und Zuversicht gegeben haben.
Nun habe ich wieder das Bedürfnis etwas zu tun–und sei es nur eine Kleinigkeit.
Warum?
Sicher, die Ereignisse ausgelöst durch den Tod von George Floyd in den USA sind–von einer geographischen Warte aus gesehen–weit weg. Doch in einer Globalisierten Welt ist es nicht egal, wenn das politische System der führenden Nation der „Freien Welt“ (wie viel das nun auch in der Realität bedeuten mag) versagt und in eine Richtung abzugleiten droht, die nichts mehr mit unseren Werten gemein hat.
Darüber hinaus werden Menschen anderer Hautfarbe oder Herkunft auch in Europa und Deutschland noch viel zu oft Opfer von Diskriminierung und Gewalt. Ich mag dazu gar nicht viel schreiben, denn ich fühle mich nicht dazu befähigt. Ich bin ein männlicher, heterosexueller „Weißer“, der in einem der reichsten Länder der Welt geboren wurde. Was weiß ich schon? Aber ich kann sagen, was ich fühle; und ich fühle, dass nicht richtig ist, was passiert. Es ist unfair und unmenschlich und unsagbar dumm. Egal, was noch auf die Menschheit zukommt, wir werden es bestimmt nicht meistern, indem wir einzelne Menschengruppen aufgrund willkürlich festgelegter Merkmale ausgrenzen. Schon mal auf die Evolution geschaut? Diversifizierung sichert das Überleben!
Was?
Kürzlich bin ich auf einen Stapel alter Fanzines gestoßen, genauer gesagt auf Restexemplare von Ausgabe 5 von GRIMOIRE, dem Fanzine, das ich von 1994-1997 zusammen mit Andreas Schweitzer gemacht habe. Ein Fanzine machen, das hieß damals, das Heft zu photokopieren und mit der Hand einzeln zu heften. Glücklich, wer einen Din-A4-Tacker besaß—alle anderen behalfen sich mit Bierdeckeln… (Kinder, fragt Eure Großeltern wie das so war und bemitleidet uns nicht. Wir hatten dressierte Dinosauerier, die uns dabei halfen.) Ich weiß, dass es da draußen Fanzine-Sammler*innen gibt, und außerdem sind einige der Beiträge in GRIMOIRE einfach zeitlos, oder sogar (wieder) sehr aktuell: Unser Schwerpunktthema damals lautete „SF & Fandom in Diktaturen“ und beinhaltet u.a. einen Artikel von Ekkehard Redlin über die Schwierigkeiten, Ray Bradbury’s Fahrenheit 451 in der DDR zu veröffentlichen, sowie einen ausführlichen Beitrag des brasilianischen Autors und Herausgebers Roberto de Sousa Causo, über das brasilianische Fandom zu Zeiten der Militärdiktatur. Neben anderen Beiträgen (Fanzine-Rezensionen frisch aus 1997!) gibt es Kurzgeschichten, darunter eine von Jörg Isenberg (noch unter seinem Geburtsnamen), den ich für den besten deutschen Phantastik-Autor halte, von dem (fast) noch nie jemand gehört hat. Und das Maison d’Ailleurs, das Science-Fiction-Museum in Yverdons-les-Bains in der Schweiz gibt es heute noch.
Wer wissen möchte, was man damals so über GRIMOIRE 5 geschrieben hat, kann das heute noch nachlesen.
Wenn Du ein Heft haben willst, schick mir eine E-Mail an carsten[ät]carstenschmitt.com mit Deiner Adresse. Ich gebe Dir dann eine PayPal-Adresse, an die Du einen Betrag Deiner Wahl spenden kannst. Das Porto von EUR 1,55 innerhalb Europas übernehme ich, also sei bitte so großzügig wie Du es kannst. Die Aktion läuft erst einmal bis Ende Juni, oder natürlich so lange, wie der Vorrat reicht. Ich werde die Hefte vermutlich immer dann verschicken, wenn mehrere Bestellungen zusammen gekommen sind, also wundere Dich nicht, falls es ein paar Tage dauert.
An wen geht das Geld?
Ich habe lange überlegt, fühle mich aber am wohlsten bei einer Organisation, über die ich erstens selbst etwas sagen kann und die zweitens auch zum Thema meines Blogs passt, bei dem es hauptsächlich um meine „Persona“ als Autor geht. Zu Anfang habe ich auf einen kurzen Text verwiesen, den ich für eine Lesung geschrieben habe. Auch wenn Geschichten und das Geschichtenerzählen keinen unmittelbar messbaren Einfluss auf das haben, was unsere Gesellschaft jetzt in diesem Moment bewegt, so glaube ich doch an ihren langfristigen Effekt. Geschichten können uns verändern, können uns die Augen öffnen und insbesondere die Phantastik hat die Stärke, uns die Möglichkeit ganz anderer Welten zu zeigen. Dass Geschichten etwas zum Guten verändern können, ist eine schöne Vorstellung, denn mir liegt etwas an einer menschlicheren Zukunft.
Writing the Other
Writing the Other ist ein Buch, das sich an genau solche weißen, (männlichen), liberalen Schluffis wie mich richtet, und erstmal mit einem freundlichen „Bleib locker!“ beginnt. Mit dieser Grundeinstellung geht es daran zu lernen, wie man als Autor*in über „Andere“ schreiben kann, ohne dabei bewusst–und vor allem unbewusst–dieselben dummen Vorurteile und Klischees zu bedienen, wie so viele vor uns es getan haben. Das Buch tut dies auf eine derart angenehme, unaufgeregte und damit vor allem konstruktive Art und Weise, dass ich es Euch ans Herz legen möchte. Daneben bietet Writing the Other auch regelmäßig Online-Seminare und Workshops zur Vertiefung einzelner Themenbereiche an.
Die Gruppe hinter Writing the Other bietet mit der Vonda N. McIntyre Sentient Squid Scholarship finanzielle Unterstützung für Autor*innen, die mehr über das Thema lernen und die Angebote von WtO in Anspruch nehmen wollen. Ich werde Eure Spenden gesammelt überweisen. Einen Screenshot der PayPal-Spende gibt’s als Beweis.
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